Kinder mit Migrationserfahrungen und geflüchtete Kinder haben es im Gastland doppelt schwer: Das Einfügen in die neue Gesellschaft und gleichzeitig das Einfügen in das neue Bildungssystem, die neue Sprache, neue Menschen. Auch für die Lehrpersonen ist diese Situation schwierig. Nicht immer verfügen Schüler:innen mit Migrationserfahrungen und geflüchtete Kinder fast nie über Unterlagen ihrer früheren Schulleistungen. Wenn dann auch von Seiten des Bildungsministeriums keine Instrumente zur Bewertung ihrer Kenntnisse zur Verfügung stehen, ist die Einschätzung früherer Lernerfahrungen für die meisten Lehrpersonen in den Länder der Europäischen Union eine schwierige Aufgabe. Hier setzt dieses Material an: Es soll das Kennenlernen der persönlichen Lernerfahrungen von neu angekommenen Kindern mit Migrationserfahrung ab dem 12. Lebensjahr erleichtern. Es will Lehrpersonen darin unterstützen, die Fähigkeiten und Kompetenzen der Lernenden kennenzulernen, damit sie auf Basis der Ergebnisse ihren Unterricht und die Methoden besser an die Bedürfnisse der Kinder anpassen und diese bestmöglich fördern können.
Was die Schüler:innen mit Migrationserfahrungen selbst betrifft, so ist es von größter Bedeutung, ihre früheren Qualifikationen und ihr früheres Lernen anzuerkennen, damit sie auf ihrem vorhandenen Wissen aufbauen und ihre Kompetenzen in den unterschiedlichen Bereichen verbessern können. Untersuchungen zeigen, dass die Einstufung von Schüler:innen mit Migrationserfahrungen oftmals unter ihrem tatsächlichen Potenzial liegt und das wiederum einer der Hauptgründe für den Anstieg der Schulabbruchsquote ist. Daher ebnet das genaue Kennenlernen früherer Lernleistungen den Weg für den Zugang zur Chancengerechtigkeit im Bildungswesen und stellt einen qualitativen Sprung dar, der das Recht auf eine hochwertige und integrative Bildung für die Zielgruppe gewährleistet. Das Kennenlernen der Lernerfahrungen ermöglicht die soziale Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit Migrationserfahrungen, erleichtert ihren Zugang zu Bildung und verbessert auch die damit verbundenen künftigen Beschäftigungsmöglichkeiten.
Dieses Material ist explizit nicht als Bewertungstest entwickelt worden, sondern als Instrument, das Kind und dessen Fähigkeiten und Kompetenzen möglichst gut kennenlernen zu können. Deshalb besteht es aus verschiedenen Aufgaben mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad und aus unterschiedlichen Fachbereichen. Die Lernenden können die Aufgaben allein oder auch in Kleingruppen bearbeiten. Es geht hierbei auch nicht zwangsläufig um ein „richtig“ oder „falsch“, sondern explizit um den Prozess des Kennenlernens. Das Material ist nicht in Fächer aufgeteilt sondern thematisch entlang der „Achsen“ der nachhaltigen Entwicklungsziele, den SDGs, und didaktisch am Konzept des Globalen Lernens/Global Citizenship Education orientiert. Das Material kann sprachlich auf Deutsch, Englisch oder jeder anderen Sprache genutzt werden, je nachdem in welcher Sprache sich das Kind/der Jugendliche wohler fühlt. Besondere Beachtung muss dann erfolgen, wenn das Kind eventuell nie in einem Bildungssystem war, dann kann der Versuch der Beantwortung der Fragen sehr frustrierend sein. In diesen Fällen empfehlen wir die Bearbeitung verschiedener Aufgaben im gesamten Klassenverband, wobei das Kind im besten Falle gemeinsam mit einem/einer Mitschüler:in die Fragen beantwortet.
Wir wünschen viel Erfolg!