Schädlingsbekämpfungsmittel in Eiern, gepanschtes Hühnerfleisch in Fertigprodukten, antibiotika-resistente Keime in Chicken-Nuggets aus deutschen Supermärkten; die Lebensmittelskandale im vergangenen Jahr haben KonsumentInnen auch in Österreich verunsichert. Aus diesem Anlass haben die Umweltorganisation Global 2000 und die Menschenrechtsorganisation Südwind gemeinsam mit dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) Chicken-Nuggets aus österreichischen Supermärkten unter die Lupe genommen und vor allem Herkunft, Tierhaltung, Fleischverarbeitung und -qualität untersucht.
Der VKI testete tiefgekühlte Chicken-Nuggets zwölf verschiedener Marken aus österreichischen Supermärkten, darunter ein Bio-Produkt. Die Preise der analysierten Nuggets bewegten sich zwischen 3,98 und 23 Euro pro Kilo. Alle Produkte wurden auf ihren Fett- und Salzgehalt untersucht, weiters wurde der Anteil an Panade ermittelt. Neben der Untersuchung auf Fipronil, einem Schädlingsbekämpfungsmittel, das oft in Hühnerställen eingesetzt wird, wurden auch die Fleischqualität und die angegebene Herkunft des Geflügelfleisches sowie die Kennzeichnung der Nuggets überprüft. Das Ergebnis lässt nicht gerade das Wasser im Mund zusammenlaufen: Von den zwölf Produkten erreichten nur die besten zwei ein „gut“, der Rest muss sich mit „durchschnittlich“ oder „weniger zufriedenstellend“ abspeisen lassen.
Entwarnung: kein Fipronil, kein Gammelfleisch
Entwarnung können die NGOs beim Schädlingsbekämpfungsmittel Fipronil geben. Erst 2017 mussten mit Fipronil belastete Eier aus einigen Supermärkten entfernt werden – bei den getesteten Chicken-Nuggets wurden allerdings keine Rückstände des Schädlingsbekämpfungsmittels gefunden. Der ebenfalls 2017 aufgedeckte Fleischskandal, bei dem aus Brasilien importiertes und mit Pappe und Ascorbinsäure gestrecktes Fleisch auf den europäischen Markt gelangte, hatte Konsequenzen. Die für die Chicken-Nuggets verarbeiteten Hühner stammen aktuell aus der EU – zum Großteil aus Deutschland und den Niederlanden. Fleisch aus österreichischen Betrieben wurde nur für die Chicken-Nuggets von Spar und Hubers verwendet. Die Angaben der Hersteller über die Herkunft des Fleisches konnten mittels Isotopenanalyse bestätigt werden.
Keine Entwarnung: Arbeitsbedingungen und Massentierhaltung
Herr und Frau ÖsterreicherIn verspeisen durchschnittlich 65 kg Fleisch pro Jahr und liegen damit hinter Luxemburg und Spanien auf Platz drei in Europa. Um den Bedarf an billigem Fleisch decken zu können, wurden 2016 rund 384.325 Tonnen Fleisch aus dem Ausland importiert – darunter brasilianisches Hühnerfleisch im Wert von 4 Mio. Euro. Obwohl sich brasilianisches Huhn aktuell nicht in den getesteten Chicken-Nuggets im Supermarkt fand, wird es in Österreich dennoch verkauft. „Auf der Suche nach dem billigsten Lieferanten scheuen Supermärkte und Systemgastronomie nicht davor zurück, Ausbeutung und Menschenrechtsverletzungen in der Produktion in Kauf zu nehmen“, sagt Stefan Grasgruber-Kerl von Südwind. Die ArbeiterInnen von brasilianischen Geflügelschlachthöfen stehen dicht gedrängt am Fließband. Sie trennen, entbeinen und zerteilen die verschiedenen Hühnerteile. Bei der stundenlangen eintönigen Arbeit mit scharfen Messern und bei der hohen Geschwindigkeit des Fließbands kommt es häufig zu Verletzungen.
Aber auch in der EU sucht man hohe Standards vergebens. Die Vorschriften für die Haltung von Hühnern in Europa sind unterschiedlich. Von der EU wird zwar ein Minimal-Standard festgesetzt, aber jedes Land hat die Möglichkeit, strengere Regeln zu erlassen. So sind in Österreich bei konventioneller Aufzucht 30 Kilogramm Huhn pro Quadratmeter festgelegt, in Deutschland 39 und in Ungarn gar 42 kg/m². Bei einem Mastendgewicht von 1,5 Kilogramm entspricht das einem Platzangebot von einem Quadratmeter für 28 Hühner – oder zirka einem DIN-A5 Blatt pro Huhn. „Die mangelnde Transparenz bezüglich der Herkunft von verarbeitetem Fleisch verunmöglicht es den Konsumentinnen und Konsumenten hier eine bewusste Kaufentscheidung zu treffen. Bei Bio-Betrieben gibt es strengere Vorgaben, die Stallfläche für die Hühner muss größer sein – hier sind maximal zehn Hühner pro Quadratmeter erlaubt. Außerdem gibt es für die Tiere zusätzlich Auslaufflächen im Freien. Bei Fleisch empfehlen wir daher grundsätzlich Bio“, sagt Martin Wildenberg von GLOBAL 2000. Bei verarbeiteten Fleischprodukten fehlt derzeit eine gesetzlich vorgeschriebene Herkunftskennzeichnung.
VKI, GLOBAL 2000 und Südwind fordern mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit für die KonsumentInnen. „Denn nicht jeder Konsument kann zuerst eine teure Isotopenanalyse machen, wie wir sie hier durchgeführt haben“, sagt Stefan Grasgruber-Kerl von Südwind.
Weniger Fleisch ist mehr Gesundheit – und besser für die Umwelt
Chicken-Nuggets bestehen zum Großteil aus Formfleisch und haben mit einem panierten Filet nichts gemeinsam. Der hohe Panadeanteil macht sie zu einem relativ üppigen Essen. Die Hühner für Chicken-Nuggets werden in diversen Ländern eingekauft und stammen überwiegend aus Großbetrieben und haben daher lange Transportwege hinter sich. So wird neben der Gesundheit auch die Umwelt belastet. „Gesünder und nachhaltiger ist man mit Bio-Hendlfleisch aus der Region dran“, sagt Birgit Beck vom VKI. „Die Österreicherinnen und Österreicher verzehren durchschnittlich fünf Portionen Fleisch pro Woche und das ist zu viel. Der Gesundheit und der Umwelt zuliebe empfehlen wir, höchstens drei Mal in der Woche Fleisch und Wurst zu essen und dafür auf Bio-Qualität zu achten.“
Mehr erfahren
- Die ausführlichen Test-Ergebnisse und den Ethik-Report gibt es unter www.konsument.at/test-huehnernuggets032018 bzw. www.konsument.at/huehnerfleisch-brasilien032018.
- Studie über Arbeitsrechtsverletzungen in der brasilianischen Fleischindustrie unter http://www.supplychainge.org/produkte-at/chickennuggets/
- Informationen über den Fleischkonsum in Österreich unter www.global2000.at/fleischkonsum-österreich