"Wenn viele kleine Leute an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können sie das Gesicht der Welt verändern."
Kaum eine Aussage trifft es besser als dieses afrikanische Sprichwort, um zu beschreiben, was in den letzten Jahren in der Region Bucklige Welt und Wechselland passiert ist. Aus einer engagierten Projektidee wurde ein Anliegen, das von vielen Menschen aus der Region mitgetragen wird.
Anfang 2010 startete die Region mit vier FAIRTRADE Gemeinden – Mönichkirchen, Warth, Lichtenegg und Bad Erlach – in das Leader-Projekt "Faire Welt – Bucklige Welt – Wechselland". Zwei Jahre später – Ende des Jahres 2012 – waren mehr als die Hälfte der insgesamt 32 Gemeinden der Region FAIRTRADE Gemeinden und erfüllen somit einen umfassenden Kriterienkatalog, der die Einbindung der Gemeindeverwaltung, der Schulen, der Geschäfte, der Gasthäuser und der breiten Bevölkerung vorsieht. Die Region wurde damit zur Model- und Vorzeigeregion und zur 1. FAIRTRADE Region Niederösterreichs.
Als große Anerkennung und Wertschätzung der vielen Arbeit wurde auch die Teilnahme von Mag. Helmut Schüller, dem Vorstandsvorsitzenden von FAIRTRADE Österreich, am Regionsfest zur Auszeichnung am 31. Jänner 2013 gewertet. Er betonte bei der Auszeichnungsfeier, dass der eingeschlagene Weg für die Ziele des Fairen Handels weiter verfolgt werden sollen. Ein Bekenntnis zur Weiterarbeit gab es auch von den zahlreichen Festgästen, die alle ihren Anteil geleistet haben, damit diese Regionsauszeichnung überhaupt möglich wurde.
Am Beginn steht immer Information und Bildung. Die Südwind-Ausstellung "In 80 Minuten um die Welt" war an mehreren Standorten in der Region zu Gast und zahlreiche Workshops zum Thema "Baumwolle: der lange Weg meiner Jeans", "Schokolade: Von der Kakaobohne zur bittersüßen Schokolade" und "Fußball: Von unrunden Bällen und Kinderhänden …" fanden statt. Vom Kindergarten – wo es in der Kurgemeinde Bad Schönau beispielsweise seit Jahren die Tradition von Fairen Schokoladeosterhasen und Fairen Nikoläusen gibt bis zum Gymnasium Sachsenbrunn, wo bei den Fairen Wochen "Faire Fruchtcocktails" angeboten wurden. Die Aktionen sind kreativ und genussvoll zugleich.
Damit wurde das Projektziel erreicht, dass alle Schulkinder der Region im Rahmen von Südwind-Bildungsangeboten zum Thema "Fairer Handel" informiert wurden. Die Südwind-Workshops und Ausstellungen verfolgen aber nicht nur das Ziel der Informations- und Wissensaufbereitung, sondern gehen einen wesentlichen Schritt weiter. Die Kinder und Jugendlichen sollen sich ihrer Gestaltungsmacht und ihrer Handlungsalternativen bewusst werden.
"Ungerechtigkeit an irgendeinem Ort bedroht die Gerechtigkeit an jedem anderen."
Martin Luther King jr.
Dass der Faire Handel auch bei vielen Familien in der Region zum Thema geworden ist, zeigt ein Zitat einer Schülerin aus Kirchschlag, die erzählte, dass sie schon am Vortag mit ihrer Oma darüber diskutiert hat, warum der Faire Handel so wichtig ist. Generationenübergreifendes Lernen, nachhaltiges und global verantwortungsvolles Wirtschaften und ein offener und kritischer Diskurs über das Thema "wie wir generell wirtschaften und handeln wollen" zeichnen die RegionsbürgerInnen aller Alterstufen aus, die sich zunehmend auch als WeltenbürgerInnen positionieren.
Ein wichtiger Impuls ist auch die Zusammenarbeit von Pfarren und Gemeinden. Die Tradition in den Pfarrgruppen mit der jahrzehntelangen Arbeit mit Fairen Bazaren, Fairen Pfarrcafes und die ungezählten ehrenamtlichen Arbeitsstunden machten erst möglich, dass aus vielen kleinen engagierten Einzelaktionen ein großes gemeinsames Regionsprojekt wurde.
Helmut Schüller staunte auch über die große Dichte an Weltläden in der Region, mit Lanzenkirchen, Bad Erlach und Kirchschlag ist die Versorgung mit Fairen Produkten in der Region garantiert.
Von allen ProjektpartnerInnen wird auch die überaus gelungene Zusammenarbeit und die Kooperationspartnerschaften mit regionalen AnbieterInnen von "Sooo gut schmeckt …" ProduzentInnen gelobt. Es sollen in Zukunft verstärkt gemeinsame Vermarktungsstrategien aufgebaut werden. Im Regionsshop von Malu Göschl in Pitten finden sich im Buckelkorb nicht nur Schmankerl aus der Buckligen Welt, sondern auch Köstlichkeiten aus dem Fairen Handel.
Wenn bei den KonsumentInnen Verständnis dafür geschaffen wird, dass für faire produzierte Produkte ein fairer Preis bezahlt werden muss, dann nützt das nicht nur den ProduzentInnen im globalen Süden, also in den Anbaugebieten von Kaffee, Tee und Schokolade, sondern auch den ProduzentInnen vor Ort.
"Unsere größte Herausforderung im 21. Jhdt. ist es, die einstweilen noch abstrakt erscheinende Idee einer nachhaltigen Entwicklung zur Realität für Menschen dieser Erde zu machen." – Kofi Annan, ehemaliger UN-Generalsekretär.
Autorin: Mag.a Dr.in Ingrid Schwarz. Fachaufsatz für die Zeitschrift Eibischzuckerl, November 2014. Dieser Text ist eine gekürzte Fassung eines Artikels, der auch in der Zeitschrift "Umwelt und Energie" 2/2013 erschienen ist.