Weltflüchtlingstag: Südwind stellt Regierung vernichtendes Zeugnis in Migrationspolitik aus

Wien, 19. Juni 2020: Derzeit „Nicht genügend“: auf dieser Note steht die österreichische Bundesregierung, wenn es um die aktuelle Migrationspolitik geht. Die entwicklungspolitische Organisation Südwind analysiert und bewertet im Zuge des Weltflüchtlingstages, der jährlich am 20. Juni stattfindet, die Bereiche echte Hilfe vor Ort, Schaffung legaler und sicherer Migrationswege, solidarische Aufnahme und Umverteilung von Geflüchteten innerhalb Europas sowie integrative Migrationspolitik und fordert Verbesserungen in allen Kategorien. Andrea Ben Lassoued, Südwind-Referentin, mahnt: „Was die Bundesregierung aktuell in ihrer Migrationspolitik vorlegt, ist im wahrsten Sinne des Wortes „Nicht genügend“. Wir fordern einmal mehr die Rückkehr zu einer menschenwürdigen Migrationspolitik!“

Echte Hilfe vor Ort und in den Transitländern
Die Erhöhung der Mittel für den Auslandskatastrophenfonds und die Entwicklungszusammenarbeit fiel im Bundesbudget 2020 extrem gering aus. So gering, dass internationale Verpflichtungen wie die Erreichung der ODA Quote von 0,7% des BNE erst frühestens im Jahr 2092 möglich sein wird. Ben Lassoued erklärt: „Fehlende Hilfe vor Ort und unmenschliche Bedingungen in Flüchtlingslagern in Krisengebieten machen Flucht oft zur einzigen Möglichkeit. Nur wenn wir hier solidarisch mit den Krisenländern handeln und Transitländer in der Unterbringung von Geflüchteten unterstützen, können wir Migration zu einer Möglichkeit unter vielen und keinem oft lebensbedrohlichen einzigen Ausweg machen.“

Legale und sichere Migrationswege
Für Menschen auf der Flucht gibt es derzeit keine legalen Möglichkeiten, nach Österreich oder in die EU einzureisen. Mangels Alternativen greifen Menschen zu lebensgefährlichen Fluchtmöglichkeiten. Die sogenannte „Schließung der Balkanroute“ hat die Situation zusehends verschärft, ohne echte Lösungen zu liefern. „Sichere und legale Fluchtwege sind essentiell, wenn wir von menschenwürdiger Migrationspolitik sprechen: sie würden das Geschäftsmodell von Schleppern zerstören, das Sterben im Mittelmeer beenden und Österreich und die EU würden ihrer humanitären Verantwortung gerecht werden.“, erklärt Ben Lassoued die aktuelle Situation.

Solidarische Aufnahme und Umverteilung
Die Verbesserung der Verfügbarkeit und Flexibilität der Wege für reguläre Migration ist Teil des UN-Migrationspaktes. Diesen hat Österreich jedoch nicht unterschrieben. Ebenso nimmt Österreich aktuell an keinem Resettlement-Programm teil, welches wesentlich zur Entschärfung der Situation in den Erstzufluchtsländern beitragen würde. Ben Lassoued fügt hinzu: „Die geregelte, solidarische Aufnahme und Umverteilung von Geflüchteten innerhalb Europas könnte Grenzgemeinden entlasten und eine menschenrechtskonforme Migrationspolitik maßgeblich unterstützen. Hier muss die EU Vorreiterin werden und Österreich mutig folgen.“

Integrative Migrationspolitik
Österreich ist eines der restriktivsten Länder in ganz Europa, was Einbürgerungen betrifft. Doch nur wer eingebürgert ist, darf auch politisch und gesellschaftlich mitbestimmen. Das schließt derzeit 1,2 Millionen Menschen in Österreich vom Wahlrecht aus. Auch im Bereich Bildung und Arbeitsmarkt muss es Geflüchteten erleichtert werden, bestehende Qualifikationen in Österreich anerkennen zu lassen, neue zu erwerben und adäquaten Zugang zu gleichberechtigter und hochwertiger Bildung zu bekommen. „Neben einem erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt - wie im UN-Migrationspakt vorgesehen - ist die Möglichkeit zur politischen Mitsprache im neuen Heimatland essentiell, um geflüchteten Menschen eine Integration zu ermöglichen“, so Ben Lassoued abschließend.

Menschen kommen aus unterschiedlichen Motiven nach Österreich und in die EU. Dazu zählen Konflikte, politische Instabilität und wirtschaftliche Unsicherheit. Bei aller Gemeinsamkeit hinsichtlich der Migrationswege bestehen unterschiedliche Verantwortlichkeiten für flüchtende und migrierende Menschen. Während für die EU-Staaten eine rechtliche Verpflichtung zum Schutz von Flüchtlingen besteht, ist die Aufnahme von MigrantInnen v.a. eine nationale Entscheidung. Flüchtlinge und MigrantInnen müssen daher weiterhin unterschiedlich betrachtet werden.

Petition von Südwind und den Grenzgemeinden Europas für eine solidarische Migrationspolitik:
https://www.suedwind.at/handeln/petitionen/3-oktober/

Rückfragehinweis:
Theresa Gral, Südwind Pressesprecherin, E-Mail: theresa.gral@suedwind.at, Tel.: +43 650 375 1987

 

Das Projekt STIRE wurde aus dem Fonds für Asyl, Migration und Integration der Europäischen Union finanziert. Der Inhalt dieser Publikation stellt nur die Ansicht von Südwind dar und liegt in deren alleiniger Verantwortung. Die europäische Kommission übernimmt keine Verantwortung für die Verwendung der darin enthaltenen Informationen.