Österreichs Vorschläge für neue EU-Agrarsubventionen greifen viel zu kurz - Südwind fordert ökosoziale Wende: „Ausbeutung von Mensch und Natur darf nicht subventioniert werden“
Wien, am 17. Mai 2021. Anlässlich der Verhandlungen über die Vergabe der EU-Agrarsubventionen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) fordert die Menschenrechtsorganisation Südwind konkrete Sozial- und Arbeitsrechtskriterien sowie die Nachschärfung der Umweltkriterien. „Es ist völlig unverständlich, dass der größte Fördertopf Europas keine ökosoziale Steuerung enthält. Als Resultat werden unmenschliche Arbeitsbedingungen, Lohndumping und der rücksichtslose Umgang mit der Natur jedes Jahr mit Milliarden an EU-Steuergeld subventioniert“, sagt Gudrun Glocker, Sprecherin für nachhaltige Ernährung bei Südwind. „Das neue Fördersystem muss schädliche Subventionen streichen und stattdessen Anreize enthalten für eine zukunftsfitte, naturverträgliche Landwirtschaft, von der alle profitieren.“
Südwind sieht vor allem Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger in der Pflicht. Gemeinsam mit über 50 Organisationen unterstützt die Menschenrechtsorganisation die Initiative von GLOBAL 2000 nach einer umgehenden Nachschärfung von Österreichs GAP-Strategieplan. „Die Landwirtschaft ist einer der prekärsten Sektoren der europäischen Wirtschaft. Über sieben Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter sind hier europaweit beschäftigt, davon bis zu einer Million Menschen als Saisoniers. Um die Ausbeutung auf unseren Feldern wirksam zu bekämpfen und Arbeitsbedingungen insgesamt zu verbessern, sind verbindliche Sozialkriterien der einzige Weg“, so Gudrun Glocker.
Eine Gruppe von 13 Ländern unter der Führung von Österreichs Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger lehnt jede Form von Kriterien ab und begründet diese Haltung mit dem hohen Verwaltungsaufwand. Der vorgelegte GAP-Strategieplan Österreichs sieht anstatt verbindlicher Sozialkriterien lediglich eine Beratungsstelle für Landwirte über Arbeitsbedingungen vor. „Der Vorschlag von Ministerin Köstinger ist in der Praxis unbrauchbar und der Verweis auf die Bürokratie beim Kampf gegen ausbeuterische Arbeit ist schlichtweg zynisch“, sagt Südwind-Expertin Glocker. „Wir stehen vor einer entscheidenden Weichenstellung. Österreich muss sich klar und konsequent für faire Arbeitsbedingungen und umweltverträgliches Wirtschaften einsetzen.“
Über die Gemeinsame Agrarpolitik fließen jährlich rund 2,2 Milliarden Euro an öffentlichen Geldern in die österreichische Landwirtschaft. Aufgrund der enormen Höhe des Fördertopfs ist die Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik mitentscheidend für die Erreichung der ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Ziele des europäischen Green Deals. Darin heißt es etwa: „der soziale Schutz der Beschäftigten, Arbeitsbedingungen und Wohnverhältnisse sowie Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit werden beim Aufbau fairer, starker und nachhaltiger Lebensmittelsysteme eine wichtige Rolle spielen.“