Menschenrechtsorganisation sieht freiwillige Konzernverantwortung mangelhaft und fordert strengeren Rechtsrahmen bei Menschenrechtsvergehen
Wien, am 5. Mai. 2021. Die von Greenpeace aufgedeckten gebrochenen Versprechen des Schokoladekonzerns Mondelēz (in Österreich: u.a. Milka) unterstreichen für die Menschenrechtsorganisation Südwind den dringenden Bedarf nach einem umfassenden und strengen Lieferkettengesetz. „Kinderarbeit, Umweltzerstörung und Ausbeutung von Arbeiterinnen und Arbeitern in globalen Lieferketten machen klar: Die Einhaltung der Menschenrechte darf keine moralische Frage von Eigenverantwortung sein. Es braucht auch die rechtliche Verpflichtung“, sagt Stefan Grasgruber-Kerl, Menschenrechtsexperte bei Südwind. „Nicht nur bei Kakao und Lebensmitteln auch in der Modeindustrie oder beim Rohstoffabbau für Handys und Laptops zeigt sich, dass freiwillige Unternehmensverantwortung nicht ausgereicht.“ Südwind fordert daher gemeinsam mit einer breiten zivilgesellschaftlichen Allianz, koordiniert vom Netzwerk Soziale Verantwortung, im Rahmen eines Lieferkettengesetzes eine umfassende, zivilrechtliche Haftung für Unternehmen aller Größenordnungen bei Menschenrechtsvergehen.
Schokoladekonzerne haben bereits vor 20 Jahren versprochen, der Kinderarbeit bis 2020 ein Ende zu setzen und scheiterten. Ähnliche gebrochene Versprechen gibt es in der globalen Textilindustrie. Nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch vor acht Jahren wurde ein Ende der ausbeuterischen Arbeit versprochen. Erzielt wurden höchstens punktuelle Verbesserungen. Auf den großen Wurf für faire Arbeitsbedingungen warten die Arbeiterinnen und Arbeiter bis heute vergeblich. Laut aktuellen Berechnungen der Clean Clothes Kampagne liegen die Löhne in südosteuropäischen Textilfabriken im Schnitt nur bei einem Viertel des existenzsichernden Minimums. Für Asiens Bekleidungsindustrie hat die Coronakrise drastische Verschärfungen gebracht. Millionen Arbeiterinnen und Arbeitern in Indien, Bangladesch, Pakistan und Sri Lanka wurde von heute auf morgen gekündigt. Dabei wurden Milliarden an ausständigen Gehältern und Entschädigungen von den Textilunternehmen einbehalten.
Auch im Rohstoffbereich zeigt sich für Südwind dringender Regulierungsbedarf. Ein besonders drastisches Beispiel für problematische Lieferketten hat Anfang des Jahres die Südwind-Partnerorganisation Bankwatch aufdeckt. Demnach wird etwa in Europa abgebautes Gold zum Einschmelzen nach Namibia geschickt, um dadurch EU-Gesundheitsstandards zu umgehen. Die Umwelt- und Gesundheitsschäden bleiben in Namibia, das Gold gerät in verarbeiteter Form zurück in die EU. Trotz dieser groben Mängel bei Schutzbestimmungen plant die Europäische Kommission eine massive Steigerung des Rohstoffabbaus, um den wachsenden Ressourcenbedarf für Informationstechnologien und erneuerbare Energien zu decken. „Diese gesundheits- und umweltschädlichen Abbaupraktiken müssen ein Ende haben. Die EU-Kommission ist gefordert, eine konkrete Schutzstrategie vorzulegen sowie einen Reduktionsplan im Sinne einer echten Kreislaufwirtschaft. Auch Österreichs Bundesregierung ist gefragt, sich auf EU-Ebene für wirksame Schutzbestimmungen und ein strenges Lieferkettengesetz stark zu machen“, so Südwind-Experte Grasgruber-Kerl.
Zivilgesellschaftliche Allianz fordert Lieferkettengesetz für Österreich
Im Rahmen der Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze!“ fordert Südwind von Österreichs Bundesregierung gemeinsam mit einer breiten zivilgesellschaftlichen Allianz ein rechtlich bindendes Lieferkettengesetz in Österreich, die Unterstützung eines rechtlich bindenden EU-Gesetzes zur Unternehmensverantwortung sowie den Einsatz auf Ebene der Vereinten Nationen für das verbindliche UN-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten.
Die Petition „Menschenrechte brauchen Gesetze“ kann unterschrieben werden unter: www.suedwind.at/petition
Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at
Tel.: 0650 96 77 577