Tag der menschenwürdigen Arbeit: Clean Clothes kritisiert anhaltende Ausbeutung und Intransparenz in der Modebranche
„Fashion Checker“-Studie zeigt große Transparenzlücken in Mode-Lieferketten - Nur fünf von 264 Modeunternehmen zahlen menschenwürdige Löhne - Weltweite Aktion gegen Lohnschulden
Wien, 6. Oktober 2021. Anlässlich des morgigen Welttags für menschenwürdige Arbeit zeigt eine neue Studie der Clean Clothes Kampagne weitreichende Verfehlungen der Modeindustrie auf. Sowohl in Bezug auf Entlohnung als auch bei der Transparenz der Lieferketten kommt die „Fashion Checker“-Studie zu einem verheerenden Ergebnis: 60 Prozent von 264 befragten Modeunternehmen halten sich an keinerlei Transparenzverpflichtungen. Nur 46 befragte Unternehmen (17%) legen zusätzliche Informationen über ihre Lieferkette offen, etwa ob es am Arbeitsplatz eine Gewerkschaft gibt oder nicht. Derzeit geben nur fünf Modeunternehmen an, dass sie zumindest einem Teil ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitern in ihren Lieferketten existenzsichernde Löhne zahlen. „Viele Marken behaupten zwar inzwischen, Arbeitsrechte zu respektieren. Gleichzeitig weigern sie sich, ihre Lieferketten offenzulegen. Ohne Transparenz kann es keine Überprüfung, keine Haftung und auch keinen bewussten, fairen Konsum geben“, erklärt Gertrude Klaffenböck, Koordinatorin der Clean Clothes Kampagne bei Südwind. „Kundinnen und Kunden haben das Recht zu erfahren, woher ihre Kleidung stammt und unter welchen Bedingungen sie produziert wurde. Nur wenn Unternehmen für Vergehen entlang ihrer Lieferkette haften müssen, können Lohnraub und Ausbeutung effektiv bekämpft werden.“ Zusätzlich zu einem umfangreichen Lieferkettengesetz fordern Südwind und Clean Clothes von Modekonzernen die sofortige Rückerstattung von ausständigen Zahlungen sowie die verbindliche Verpflichtung zu existenzsichernden Löhnen und grundlegenden Arbeitsrechten gemäß der ILO-Richtlinien.
„Ein existenzsichernder Lohn ist ein essentielles Menschenrecht. Gerade in der Pandemie hat sich gezeigt warum: Durch systematische Unterbezahlung und einbehaltene Abfindungen konnten Arbeiterinnen und Arbeiter in der Bekleidungsindustrie nichts ansparen und mussten von der Hand in den Mund leben. In Zeiten von landesweiten Lockdowns bedeutete das für viele Familien in Ländern des Globalen Südens Hunger und lebensbedrohliche Not“, so Clean Clothes-Expertin Klaffenböck.
Pay Your Workers-Aktionstag am 6. Oktober.
Die Clean Clothes Kampagne schätzt, dass weltweit mehr als 10 Milliarden Euro an Lohnschulden vonseiten der Modeunternehmen nicht bezahlt wurden. Anlässlich der heutigen Aktionärsversammlung von Nike rufen daher weltweit Clean Clothes-Partnerorganisationen zu Aktionen auf. Der Sportartikelhersteller ist eines von vielen Modeunternehmen, die selbst in der Pandemie große Gewinne erzielen, während sie Arbeiter*innen in ihren Lieferketten Löhne schuldig bleiben. Von Februar 2020 bis Februar 2021 hat Nike umgerechnet 2,9 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Arbeiterinnen bei Nike-Zulieferern in Äthiopien mussten dagegen mit einem Monatslohn von 42 Euro ein Auskommen finden.
Hintergrund:
Fashion Checker, eine Initiative der Clean Clothes Kampagne, um Bemühungen von Unternehmen für existenzsichernde Löhne und Arbeitsbedingungen seriös, transparent und leicht verständlich darzustellen. Für die jüngste Untersuchung wurden mehr als 90 Fragebögen an Bekleidungsunternehmen verschickt, um Bemühungen für faire Arbeitsbedingungen darzustellen und Produktionsstandorte offenzulegen (wenn sie dies nicht durch den Transparency Pledge bereits getan hatten). Die rückgemeldeten Informationen werden mit verschiedenen Datenbanken abgeglichen und um qualitative Erhebungen erweitert. Die Ergebnisse werden im Anschluss übersichtlich dargestellt unter: https://fashionchecker.org/
Die Clean Clothes Kampagne setzt sich in 15 europäischen Ländern mit einem Netz von 250 Organisationen weltweit für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Stärkung der Arbeitnehmer*innen in der globalen Bekleidungsindustrie ein. In Österreich wird die Clean Clothes Kampagne koordiniert von der Menschenrechtsorganisation Südwind.
Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
Tel.: 0650 96 77 577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at