Aktion in Wien zum Gedenken der 258 Opfer beim Brand von Ali Enterprises – Neue Initiative fordert ein Lieferkettengesetz, das Risiken minimiert und Betroffene zu ihrem Recht verhilft
(Wien / OTS) - Am vergangenen Freitag erinnerten Aktivist:innen der Kampagne “Menschenrechte brauchen Gesetze!” vor der KiK-Filiale auf der Meidlinger Hauptstraße an den Brand in der Textilfabrik Ali Enterprises. Am 11. September 2012 kamen dabei 258 Menschen ums Leben, 32 weitere wurden verletzt. In der abgebrannten Fabrik wurden vorrangig Waren für den deutschen Konzern KiK produziert. Untersuchungen stellten im Nachhinein massive Sicherheitslücken fest, bis hin zu blockierten Fluchtwegen und vergitterten Fenstern. „Menschen dürfen nie wieder in brennenden Textilfabriken ums Leben kommen. Um genau solchen Katastrophen vorzubeugen, braucht es ein Lieferkettengesetz mit einer verbindlichen Konzernhaftung und einem einfachen Rechtszugang für Betroffene“, fordern die Aktivist:innen.
„Zehn Jahre nach dem Brand von Ali Enterprises steht Ausbeutung in der Bekleidungsindustrie noch immer an der Tagesordnung. Die Produktion von Textilien ist weiterhin geprägt von mangelhaften Sicherheitsstandards, der Missachtung von Arbeitsrechten und extrem niedrigen Löhnen”, sagt Gertrude Klaffenböck, Koordinatorin der Clean Clothes Kampagne bei Südwind. Die Aktivist:innen fordern daher verbindliche Sorgfaltspflichten sowohl auf vertraglicher als auch auf gesetzlicher Ebene: Es muss von vornherein garantiert sein, dass Arbeitsstellen sicher und mit nötigen Fluchtwegen und Feuerschutz versehen sind. Gleichzeitig braucht es im Schadensfall auch einen einfach zugänglichen Rechtsweg für Betroffene.
Neue Europaweite Bewegung: „Justice is Everybody’s Business“
Nicht nur in Wien, sondern in ganz Europa mobilisieren über 100 zivilgesellschaftliche Organisationen und Gewerkschaften im Zuge der neuen Kampagne Justice is Everybody's Business für ein EU-Lieferkettengesetz, das Menschen- und Arbeitsrechte, die Umwelt und das Klima effektiv schützt.
„Der Vorschlag, der im Februar von der EU-Kommission präsentiert wurde, beinhaltet zahlreiche Schlupflöcher, die es Unternehmen weiterhin ermöglichen, sich ihrer Verantwortung zu entziehen“, erklärt Bettina Rosenberger, Koordinatorin der Kampagne “Menschenrechte brauchen Gesetze!”. Nach der Brandkatastrophe in Karachi versuchten Überlebende und Angehörige der Opfer jahrelang vor dem Dortmunder Landesgericht, Entschädigungen von KiK einzuklagen. Doch nach pakistanischem Recht, das in diesem Fall zur Anwendung kam, war der Anspruch schon nach kurzer Zeit verjährt. „Der KiK-Fall zeigt deutlich, dass die Perspektive von Betroffenen im Mittelpunkt eines EU-Lieferkettengesetzes stehen muss. Strafzahlungen, die nur an staatliche Behörden gehen, bringen noch keine Abhilfe für Betroffene“, so Rosenberger.
Aktion vor der KiK-Filiale in Wien
Bei der Aktion vor der KiK-Filiale auf der Meidlinger Hauptstraße in Wien erinnerten die Aktivist:innen mit einem Kranz aus 258 Blumen an die 258 Opfer der Katastrophe und klärten Passant:innen mit Informationsmaterial über den Fall und die Hintergründe auf.
Die Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze!“ wird von einem Bündnis aus NGOs, dem ÖGB und der Arbeiterkammer Wien getragen und fordert ein Lieferkettengesetz in Österreich und in der EU sowie Unterstützung für das UN-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten. Das Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe) koordiniert die Kampagne.
Die Aktion “Verantwortung verjährt nicht”wurde unterstützt von der Clean Clothes Kampagne (CCK) Österreich.