Demokratie braucht die Beteiligung aller!
Migrant:innen und Gemeinden diskutieren Forderungspaket im EU-Parlament - Südwind organisiert Runden Tisch zur politischen Mitsprache von Migrant:innen in Brüssel - Diskussion zu fünf Kernforderungen und Good Practice-Beispielen mit EU-Abgeordneten
Brüssel / Graz / Wien. 16. November 2023. Die Frage der politischen Teilhabe von Migrant:innen und ihren Nachkommen stand gestern, Mittwoch, im Mittelpunkt bei einem Runden Tisch im EU-Parlament in Brüssel. Vertreterinnen von Gemeinden, NGOs sowie migrantischen Vereinen und Organisationen trafen sich mit EU-Abgeordneten, um konkrete Forderungen zur Stärkung der demokratischen Teilhabe vorzulegen und zu diskutieren. Organisiert wurde der Austausch von der österreichischen Menschenrechtsorganisation Südwind. „Eine möglichst breite Beteiligung aller Menschen ist essentiell für das Wohlergehen unserer Gesellschaften, unserer Demokratien und für die Stabilität unserer Volkswirtschaften. Dieser Grundsatz muss auch die politische Teilhabe von Migrant:innen und ihrer Nachkommen umfassen“, sagt Südwind-Projektleiterin Alina Lückl. Nicht zuletzt hält auch der EU-Aktionsplan für Integration fest, dass die „europäische Lebensweise eine integrative Lebensweise“ ist.
Ziel des Südwind-Projekts EMVI (Empowering Migrant Voices on Integration an Inclusion Policies) ist daher die Beteiligung von Migrant:innen an der Gestaltung und Umsetzung politischer Maßnahmen zu ermöglichen und ihre Anliegen bei lokalen, nationalen und EU-Entscheidungsträger:innen einzubringen.
Der Roundtable im EU-Parlament fand auf Einladung des österreichischen Abgeordneten Thomas Waitz (Grüne) gemeinsam mit seinen Kollegen MEP Matjaž Nemec (S&D, SI) MEP Jan-Christoph Oetjen (Renew, DE) MEP Stelios Kouloglou (GUE/NGL, GR). Dabei wurde ein im Rahmen des EMVI-Projekts erarbeiteter Leitfaden zur Beteiligung von Migrant:innen sowie konkrete Forderungen und Empfehlungen präsentiert und diskutiert.
Thomas Waitz, EU-Abgeordneter der Grünen und Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei, betonte in seiner Eröffnungsrede "wie wichtig es ist das Wahlrecht, insbesondere das EU-Wahlrecht, endlich zu reformieren, damit Menschen, die seit Jahrzehnten Teil unserer Gesellschaft sind, auch ein Mitspracherecht erhalten. Inklusion und Integration kann nur funktionieren, wenn Menschen an demokratischen Prozessen teilhaben können und damit auch Demokratie erleben und mitgestalten. Wir stehen gleichzeitig in der Pflicht Migrant*innen vor Hetze und Hass der Rechten zu schützen. Für die Grünen ist klar: Menschenrechte gelten für alle ohne Wenn und Aber."
„Die politische Beteiligung von Menschen mit Migrationsbiographie zu fördern ist essentiell, um weitere Schritte in Richtung einer inklusiven Gesellschaft zu gehen, um Zugehörigkeit zu vermitteln und um ein soziales Netzwerk aufzubauen. Migrant:innenvereine spielen dabei eine wichtige Rolle, da sie Migrant:innen über ihre politischen Rechte aufklären und ihnen Informationen zugänglich machen, wie sie sich politisch engagieren können. Wenn wir keine Stimme haben, werden wir nicht gesehen. Wir müssen aber sichtbar sein, um gute Jobs und Zugang zu Deutschunterricht zu bekommen und um uns in der Gesellschaft engagieren zu können.“, so Rachel Fox, stellvertretende Obfrau vom Verein Base Graz, einem migrantischen Verein in Graz, der besonders auf Community-Building setzt.
Südwind-Projektreferentin in Graz Alina Lückl erklärt: „Zusätzlich zu einem leichteren Zugang zum Wahlrecht braucht es eine ernsthafte politische Auseinandersetzung mit den Anliegen all jener, die nicht wählen dürfen. So können etwa Beiräte von und für Migrant:innen und innovative digitale Partizipationstools ein wichtiger Hebel sein, um Anliegen in die Politik einzubringen.“
Die fünf Hauptforderungen im präsentierten Beteiligungs-Leitfaden sind:
- Wahlrecht (zumindest auf lokaler Ebene) für alle langfristig aufenthaltsberechtigten Personen
- Beteiligung, Vertretung und Engagement von Migrant:innen in öffentlichen Gremien fördern
- Integrations- und Inklusionsprogramme verbessern mit Schwerpunkt auf politische Beteiligung
- Vertrauen der Migrant:innen in die Politik durch Beteiligungsmodelle wie Migrant:innenbeiräte, E-Partizipation und Mitbestimmungstreffen stärken
- Ausbau der Förderung von Migrant:innenorganisationen
Voting für beste Ideen für Graz noch bis Ende November: Graz-Gemeinsam-Gestalten.at
Ein praktisches Beispiel für Mitbestimmung ist das E-Partizipationstool www.Graz-gemeinsam-gestalten.at Es ermöglicht einen direkten Austausch zwischen der Stadtregierung und allen in Graz wohnhaften Bürger:innen. Sie können ihre Ideen direkt auf der Plattform und bei Veranstaltungen einbringen, die dann vom Migrant:innenbeirat und der Stadtregierung aufgegriffen und weitergetragen werden. Das im Frühjahr 2023 mit dem Migrant:innenbeirat Graz und dem mitgestalten Partizipationsbüro initiierte Portal lädt noch bis Ende November zum Voting für die besten Ideen für Graz.
Über das Projekt:
Das Projekt EMVI - Empowering Migrant Voices on Integration an Inclusion Policies stärkt die politische Teilhabe von Migrant:innen und unterstützt lokale und regionale Behörden sowie Institutionen beim Austausch mit Migrant:innen. Es bringt dabei NGOs, Migrant:innenorganisation, Gemeindeverwaltungen von Graz, Lustenau (AT), Berlin Mitte (DE), Heraklion (GR), Empoli (IT) und Ljubljana (SI) zusammen und wird aus Mitteln des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der Europäischen Union finanziert.
Download: Good Practice Leitfaden für Beteiligung
Download: Hochauflösende Fotos vom Runden Tisch in Brüssel