Die Trilogverhandlungen zum EU-Lieferkettengesetz gehen in die entscheidende Phase – Österreichs Position bleibt noch unklar – Südwind startet neue Aktion für starkes Lieferkettengesetz
Wien, am 20. September 2023. Die entscheidenden Verhandlungen für das EU-Lieferkettengesetz sind in vollem Gange. Das Gesetz könnte ein lang erwarteter Wendepunkt sein und eine Rechtsgrundlage schaffen, um Konzerne für Schäden an Menschen, Natur und Klima zur Verantwortung zu ziehen. Doch Wirtschafts- und Industrieverbände wollen das Gesetz auf den letzten Metern noch stark aufweichen.
Mit der Email-Kampagne „Post vom Gewissen: Für eine Wirtschaft ohne Ausbeutung“ appellieren die Menschenrechtsorganisation Südwind und die Zivilbevölkerung an Österreichs Wirtschaftsminister Martin Kocher. „Seien Sie mutig und tun sie das Richtige. Bekennen Sie sich in den Verhandlungen zu einem starken Lieferkettengesetz und damit zu den Menschenrechten und hören Sie nicht auf die Konzern-Lobbyisten“, sagt Südwind-Kampagnenleiter Stefan Grasgruber-Kerl.
Schon bevor der erste Gesetzesvorschlag von der EU-Kommission präsentiert wurde, gingen Wirtschafts- und Industrieverbände dagegen vor, indem sie Politiker:innen überzeugten, wichtige Passagen aufzuweichen, Fristen hinauszuzögern oder das Gesetz insgesamt zu blockieren. EU-Abgeordnete der Europäischen Volkspartei haben im Laufe der Verhandlungen ihre Position verändert und übernahmen die Schein-Argumente der Konzern-Lobbys gegen das Gesetz. Als die EU-Fachminister:innen im Dezember 2022 mit großer Mehrheit für ein Lieferkettengesetz stimmten enthielt sich Wirtschaftsminister Kocher im Namen Österreichs, anstatt sich klar zu positionieren.
„Bundesminister Kocher ist es den Menschen in diesem Land schuldig, sich klar zu den Menschenrechten zu bekennen. Ohne gesetzliche Rahmenbedingungen und Sanktionen für Unternehmen bei Verstößen kann es keinen fairen Konsum geben“, so Südwind-Experte Grasgruber-Kerl. „Niemand will Produkte aus Kinderarbeit kaufen. Durch intransparente Lieferketten hat die Bevölkerung aber oft keine Chance, eine bewusste Kaufentscheidung zu treffen.”
„Post vom Gewissen“ an Bundesminister Kocher
Südwind startet ab sofort die Mailaktion „Post vom Gewissen. Für eine Wirtschaft ohne Ausbeutung”. Interessent:innen können per Online-Tool direkt vom Bundesminister ein starkes Lieferkettengesetz einfordern. Dabei werden sieben konkrete Forderungen gestellt.
- Alle Unternehmen müssen unabhängig von ihrer Größe Verantwortung für ihre Wertschöpfungsketten übernehmen. Es darf keine Ausnahme für den Finanzsektor geben.
- Sorgfaltspflichten müssen entlang der gesamten Wertschöpfungskette erfüllt werden.
- Alle Menschenrechts- und Umweltauswirkungen müssen erfasst und Gewerkschaftsfreiheit und Kollektivvertragsverhandlungen müssen garantiert sein.
- Es braucht eine Klima-Sorgfaltspflicht für Unternehmen. Unternehmensaktivitäten müssen im Einklang mit den Pariser Klimaschutzzielen stehen.
- Die Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung müssen durch die zivilrechtliche Haftung die Konzerne auf Schadenersatz klagen können.
- Unternehmen müssen nachweisen, dass sie sich an die Regeln halten! Die Beweislast darf nicht auf den Schultern der Betroffenen liegen. Es braucht eine Beweislastumkehr!
- Gewerkschaften und Arbeitnehmer:innenvertretungen sowie Organisationen der Zivilgesellschaft müssen in den Sorgfaltspflichtenprozess effektiv einbezogen werden und ein Mitspracherecht haben.
Bildmaterial der europaweiten Kampagne "Justice is Everybody's Business" steht zum Download unter: https://flic.kr/s/aHBqjAVj3j
Jetzt Mitmachen!
suedwind.at/handeln/petitionen/post-vom-gewissen/
Rückfragehinweis:
Stefanie Marek
Pressesprecherin Südwind
stefanie.marek@suedwind.at
+43 (0) 680 1583016