Salah (Fotocredit: Viktoria Madlmeir)

Mein Name ist Salah. Nachdem ich in Syrien mein Studium zum Vermessungstechniker abgeschlossen habe wurde ich aufgefordert, der Armee beizutreten. Doch das hieß gleichzeitig, dass ich unschuldige Menschen töten müsste – das wollte ich auf keinen Fall. Also blieb mir nur die Möglichkeit, auszuwandern. Früher kam mir nicht mal der Gedanke, mein Heimatland zu verlassen. Zum Reisen, ja, aber nicht für immer. Die Flucht war sehr mühsam, den größten Teil der Strecke bestritt ich zu Fuß. Zuerst kam ich in der Türkei an, doch dort erhielt ich keinerlei Arbeitsgenehmigung und hatte dadurch keine Möglichkeit auf ein Bleiberecht. Zurück konnte ich jedoch auch nicht mehr, also machte ich mich auf in Richtung Europa. Wo ich schlussendlich unterkam, wusste ich nicht – ich hatte das ja nicht geplant, ich wollte einfach nur in Frieden leben.

 

„Die Sprache ist der Schlüssel zu einem Land, also habe ich begonnen, sie mir selbst beizubringen.“

 

2015 kam ich schließlich in der Südsteiermark an und wurde dort in einem Flüchtlingsheim untergebracht. Im Deutschkurs war kein Platz mehr für mich und auch die vielen Freiwilligen konnten mir nicht wirklich helfen. Ich wusste aber, dass die Sprache der Schlüssel zu einem Land ist. Also habe ich versucht, mir die Sprache über YouTube Videos selbst beizubringen. Das war schwierig, aber es hat gut funktioniert. Nachdem ich meine Arbeitsgenehmigung erhielt, ging ich nach Wien, um mich dort für Stellen zu bewerben, das war trotz meines abgeschlossenen Studiums nicht leicht. Einmal hatte ich ein Vorstellungsgespräch, da habe ich sofort gemerkt, dass die mich nicht einstellen wollen. Und so war es dann auch. Sie haben mich nicht einmal richtig angehört und mir gesagt, dass ich die Stelle leider nicht bekomme. Schließlich fand ich eine Festanstellung in einem Restaurant.

Ähnlich erging es mir auch bei der Wohnungssuche, ich bekam sehr viele Absagen wegen meines Aussehens und weil sie dachten, dass ich finanziell nicht stabil bin. Da hatte ich aber bereits einen richtigen Job. Hierzu gibt es aber eine sehr nette Geschichte: der Vermieter, dessen Wohnung ich besichtigte, sah mich anfangs sehr herablassend an. Später fragte er mich, was ich arbeite. Als ich ihm erzählte, dass ich Vermessungstechniker bin, drehte sich seine Art um 180 Grad. Er bat mich, in seiner Wohnung etwas auszumessen, das machte ich gerne und heute sind wir immer noch Freunde.

 

„Meine Arbeit macht mir großen Spaß – ich kann an tollen Projekten mitarbeiten.“

 

Ich koche sehr gerne, aber die Arbeit im Restaurant hat mir nicht gefallen. Mir wurde dann auch gesagt, dass ich wieder in die Steiermark zurückmüsse. Auch hier hatte ich diverse Anstellungen, die nicht meinem Berufsfeld entsprachen. Die Arbeit als Vermessungstechniker macht mir aber sehr viel Spaß, ich wollte das unbedingt machen. Also meldete ich mich bei einem Personalservice, das Migrant*innen bei der Arbeitssuche unterstützt und berät. Hier wurde ich sehr gut betreut, mir wurde dabei geholfen, dass mein Studienabschluss in Österreich anerkannt wird. Dann lud man mich zu einer Karrieremesse ein, wo ich mich bei zwei Firmen vorstellte und alle beide luden mich zum Vorstellungsgespräch ein. Meine Freude war so groß! Die Arbeit macht mir nach wie vor sehr viel Spaß. Ich konnte bereits an sehr spannenden Projekten mitarbeiten, wie dem längsten Tunnel der Welt. Außerdem komme ich in ganz Österreich herum, bin die ganze Woche unterwegs, das finde ich toll.

Neben meiner Arbeit mag ich auch das Fotografieren sehr gerne. Sobald man wieder reisen darf, möchte ich ganz viele Städte besuchen und sie auf Bildern festhalten. Die Architektur und Natur faszinieren mich am meisten. An Österreich z.B. finde ich die vier Jahreszeiten unglaublich schön, jede für sich hat etwas Besonderes.

Hin und wieder erlebe ich noch rassistische Begegnungen, aber es sind sehr wenige. Ich versuche, mir das nicht zu nahe gehen zu lassen, sondern zu denken, dass jeder Mensch seine Gedanken hat. Diese Gedanken der anderen kann man sowieso nicht verändern, für sich selbst kann man aber Stärke zeigen und es anders machen.

Nur ein Thema, das stört mich wirklich. Ich bemühe mich, gut Deutsch zu sprechen aber die unterschiedlichen Dialekte in Österreich sind schwierig für mich zu verstehen. Es gibt aber Menschen, die machen das dann absichtlich. Sie reden im Dialekt mit mir und verlangen dann, dass ich es gleich beim ersten Mal verstehe. Das kann ich aber nicht. In derartigen Situationen wünsche ich mir einen respektvolleren Umgang miteinander.