Zu viel Schrott

Die Anforderungen an Geräte werden immer höher. Somit werden Computer und Handys in immer kürzeren Abständen ausgetauscht. Oft werden Geräte zu Müll, weil eine Komponente des Geräts nicht mehr funktioniert – wie Kamera oder Akku – die man in vielen Fällen nicht austauschen kann. Weil das Wiederverwerten oder das Aussortieren von Rohstoffen aus den Altgeräten aufwendig ist und zu wenig Profit bringt, werden viele gute Geräte verschrottet.

In vielen Staaten, sogar in vielen wohlhabenden Ländern in Europa, Asien oder Nordamerika, existiert ein mangelhaftes Recyclingsystem für Elektrogeräte.

Trotz der Basler Konvention für den Umgang mit Elektroschrott von 1992, die es Firmen und Staaten verbietet, Elektroschrott außer Landes zu bringen, landen jährlich Unmengen an Altgeräten in Ländern wie Ghana, Indien oder China, wo unter absurden Bedingungen Menschen und die Umwelt zerstört werden.

 

Elend und Umweltverschmutzung auf den Schrottplätzen in Afrika

Der Alltag auf jene Plätzen im Globalen Süden, wo ein großer Teil des Elektroschrotts abgeladen wird sieht of so aus:

Meist junge Männer im Alter von 14 bis 30, aber auch Frauen mit Kindern schlagen mit einer Art Baseballschläger auf die Computer und Handys ein, um die Gehäuse aufzubrechen. Am offenen Feuer schmelzen sie das Plastik von den Drähten herunter, um an das Kupfer der Kabel zu kommen, welches sie anschließend weiterverkaufen können. Bei vielen Metallen lohnt es sich aber für die ArbeiterInnen finanziell nicht, diese aus den Altgeräten heraus zu lösen und zur Weiterverarbeitung zurückzugewinnen. Der wild deponierte Elektroschrott belastet Menschen und deren Umwelt.

Elektroschrott-Recycling in Österreich?

Das Gewicht der in Österreich entsorgten Elektrokleingeräte beträgt ca 82.400 Tonnen pro Jahr: Das entspricht 190 Mal dem Gewicht des Wiener Riesenrads!

Die gute Nachricht: In Österreich ist unseren Informationen zufolge die Entsorgung von Elektroschrott durchaus gut geregelt. Wer Elektroaltgeräte bei einer Sammelstelle abgibt, kann davon ausgehen, dass diese nicht in den Ländern des Südens landen, und zum Teil recycelt werden.

Bei manchen besonders teuren Rohstoffen zahlt sich das Recycling auch unter den aktuellen Gegebenheiten ökonomisch aus. Wir fordern, dass die Politik die Rahmenbedingungen dahingehend, dass möglichst viele Rohstoffe aus nicht mehr reparierbaren Geräten zurückgewonnen werden muss und wir unseren Rohstoffbedarf damit zu einem gro0en Teil durch „urban mining“ gewinnen.

Handelsbetriebe (über 150 Quadratmeter Verkaufsfläche) sind verpflichtet, Altgeräte zurückzunehmen, wenn man ein neues Gerät kauft. Das gilt sowohl für Handys, Computer wie auch für Waschmaschinen.

Can we follow the money? Yes we can!

Mike Anane, unabhängiger Umweltjournalist in Ghana, recherchiert und schreibt zum Themenkomplex Umweltkriminalität, einschließlich der illegalen Verbringung und Entsorgung von Elektroschrott. Anane ist Preisträger der Global 500 Ehrenlisten des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) für herausragende praktische Leistungen beim Schutz und der Verbesserung der Umwelt.

Herr Anane, Sie arbeiten seit über 20 Jahren zum Thema Elektroschrott und Umwelt. Beobachten Sie auffällige Veränderungen?

Die Menge an Elektroschrott, der aus den Industrieländern nach Ghana exportiert wird steigt stetig. In letzter Zeit sehe ich hier Berge von ausrangierten Solarmodulen und Solarbatterien, die in den Industrieländern verwendet und jetzt nach Ghana exportiert wurden.

Der europäische Rechnungshof berichtet, dass die Profite im kriminellen Elektroschrotthandel schon vergleichbar sind mit dem Drogengeschäft. Wo werden diese Profite gemacht?

Die Gewinne werden von Unternehmen in den Industrieländern erzielt, die damit beauftragt werden, Elektroschrott von Großverbrauchern und Einzelpersonen ordnungsgemäß zu entsorgen. Dafür erhalten sie riesige Summen. Sie stecken das Geld ein und schicken den Elektroschrott per Schiff nach Ghana, das ist einfacher und günstiger als die ordnungsgemäße Entsorgung. So sparen sie sich auch die Entsorgung der vielen giftigen Chemikalien, die darin enthalten sind. So machen sie das Geld. Diese „Recycling-Unternehmen“ müssen nach ihren Verwertungsketten gefragt werden. Was haben sie mit den Recyclinggebühren gemacht? Can we follow the money?

Wenn Sie die Politiker*innen in Europa strategisch beraten könnten, wo würden Sie die Hebel ansetzen?

Sie sollten sicherstellen, dass ihre Mitgliedstaaten über Müll-Sammelsysteme verfügen, die so viel Elektroschrott wie möglich sammeln, ihn nachhaltig und effizient recyceln und nicht illegal exportieren. Regierungen auf der ganzen Welt sollten die Hersteller verpflichten nur Geräte zu verkaufen, die lang funktionieren, sowie reparaturfähig und gut recyclebar sind. Das Exportverbot für Elektroschrott aus der EU muss endlich wirksam umgesetzt werden.

Auf dem Kontinent leidet nicht nur Ghana unter den Folgen der internationalen Elektroschrottkriminalität. Gibt es innnerhalb der Afrikanischen Union (AU) eine politische Diskussion zum Problem?

1998 ist die die Bamako-Konvention in Kraft getreten, ein Vertrag afrikanischer Nationen, der die Einfuhr von gefährlichen, einschließlich radioaktiven, Abfällen nach Afrika verbietet. Aber es ist ihnen noch nicht gelungen den internationalen Abfallhandel zu stoppen.